T. Kölzer u.a. (Hrsg.): Von der Spätantike zum frühen Mittelalter

Cover
Titel
Von der Spätantike zum frühen Mittelalter: Kontinuitäten und Brüche, Konzeptionen und Befunde.


Herausgeber
Kölzer, Theo; Schieffer, Rudolf
Reihe
Vorträge und Forschungen, 70
Erschienen
Ostfildern 2009: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
352 S., 21 Abb.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Eberl Immo

Der Band geht auf eine Tagung des Konstanzer Arbeitskreises zurück. Die Vorträge zeigen die Entwicklung der Frühmittelalterforschung in den letzten drei Jahrzehnten. Die heutige Forschung geht von einer breiten Phase des Übergangs zwischen der Antike und dem frühen Mittelalter aus, wobei man die zunehmende Auflösung des Germanenbegriffs besonders beachten muss. Nach der thematischen Einführung von Theo Kölzer wird in neun Beiträgen die Gesamtthematik untersucht, die dann mit einer Zusammenfassung als zehntem und letztem Beitrag endet. Alexander Demandt stellt die Zeitenwende von der Antike zum Mittelalter dar, die er mit dem Hinweis auf die genealogische Verbindung zwischen römischer und germanischer Oberschicht von Diocletian bis zu Elisabeth II. abschliesst. Horst Wolfgang Böhme behandelt unter dem modernen Titel «Migrantenschicksale» die Integration der Germanen im spätantiken Gallien. Anhand von Grabfunden zeigt er die Ethnogenese der Franken im nördlichen Gallien und den Weg der Einwanderer, wobei er eine gewaltsame Eroberung des nördlichen Galliens ablehnt. Wolfgang Haubrichs geht den Burgundern und Franken als Bezugsziele für sprachliche Integration, Sprachinseln und Sprachgrenzbildung in der östlichen «Gallia» nach. Siedlungsnamen und Inschriften sowie zahlreiche Bezeichnungen verdeutlichen die Entwicklungen gegenseitiger Durchdringung mit Herausbildung der Sprachgrenze von der Nordsee bis nach Lothringen bis zum 9. Jahrhundert. Arnold Angenendt behandelt die Kirche als Trägerin der Kontinuität. Er zeichnet dabei nicht nur die Entwicklung der Spätantike nach, sondern geht darüber hinaus in einem Ausblick bis zum Spätmittelalter. Dieter Geuenich beweist am Beispiel der Alemannen zwischen Franken und Ostgoten den Kampf um die Vormachtstellung am Ende des 5. Jahrhunderts. Die Alemannen wurden von den Römern nach dem Regierungswechsel von 364 nicht mehr als bündnisfähig angesehen und verloren dadurch rasch den direkten Kontakt zur römischen Welt. Dies war dann auch ein Grund dafür, dass Entwicklungen der übrigen germanischen Völker an ihnen vorbeigingen und sie später ihre Einheit und Identität im Merowingerreich fanden. Matthias Becker deutete den Begriff «Herrschaft» im Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter. Die Gefolgschaften hingen dabei eng mit dem spätantiken römischen Heer zusammen und gingen somit ebenfalls auf das Römische Reich zurück. Das Neue des 5./6. Jahrhunderts war damit ein organischer Anschluss an das römische Erbe. Stefan Esders weist auf Konzeption und Befunde der «öffentlichen» Abgaben und Leistungen im Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter hin. Der enge Zusammenhang von munera und servitia, Steuern und Abgaben sowie Fiskalgüter in der frühmittelalterlichen Entwicklung wird dabei verdeutlicht. Harald Siems geht auf die Entwicklung der Rechtsquellen zwischen Spätantike und Mittelalter ein. Die Nachwirkungen des römischen Rechts haben das Überdauern der römischen Zivilisation gefördert. Die Regionalisierung dieser Zeit führte zu eigenen Rechtsaufzeichnungen mit gentilem Hintergrund. Der Verfasser endet seinen Beitrag mit dem Aufstellen von Thesen zur Rechtsentwicklung zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert. Margarete Weidemann weist die spätantike Tradition in der Wirtschaftsförderung frühmittelalterlicher Grundherrschaften nach. Ihre hervorragenden Kenntnisse der Situation in Le Mans des 7. Jahrhunderts dienen dabei als vielfältige Beispiele. Reinhold Kaiser versucht eine Zusammenfassung der Tagungen, ihrer Vorträge, mit den Problemen der Periodenbildung der Kontinuitäten und Brüche, der Konzeptionen und Befunde. Eine Übergangszeit von 500 bis 800 Jahren wird als unbefriedigend erkannt, dann aber doch akzeptiert. Besonders interessant ist dabei der Blick auf Byzanz, wo die Spätantike bis 1204 andauerte.

Zitierweise:
Immo Eberl: Rezension zu: Theo Kölzer und Rudolf Schieffer (Hg.): Von der Spätantike zum frühen Mittelalter: Kontinuitäten und Brüche, Konzeptionen und Befunde (Vorträge und Forschungen, Bd. 70). Ostfildern, Jan Thorbecke Verlag, 2009. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 60 Nr. 3, 2010, S. 386-387.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 60 Nr. 3, 2010, S. 386-387.

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